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Donnerstag, 24. April 2014

Gesichtet: Man of Tai Chi

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Keanu Reeves wagt den nächsten Schritt. Nachdem er in letzter Zeit kaum in auf der Leinwand zu sehen war und sein letzter Film “47 Ronin” gnadenlos gefloppt ist, sucht er nun neue Herausforderungen und besetzt den Regiestuhl selber. Sein Erstlingswerk “Man of Tai Chi” ist ein Eastern mit Fokus auf Martial Arts-Einlagen geworden, mit ihm selbst in einer Nebenrolle. Ganz kann der Hollywood-Veteran dann doch nicht auf seine Screentime verzichten und spielt den Boss einer Argentur, die illegale Kämpfe inszeniert. Doch all das rettet “Man of Tai Chi” mal wieder nicht davor ein unterdurchschnittlicher Film mit dem Herrn Reeves zu werden.  

Chen Lin-Hu (Tiger Hu Chen) führt ein ungewöhnliches Leben, zumindest wenn man es aus unserer westlichen Perspektive betrachtet: Vormittags fährt er als Paketlieferant durch die überfüllten Straßen Pekings. Nach Feierabend besucht er ein Kloster auf dem Land und übt sich in der Kunst des Tai Chi. Eines schicksalhaften Tages nimmt Chen an einem Turnier für verschiedene Kampfkunstformen teil und gewinnt auf recht beeindruckende Weise als Außenseiter, da er eine Kampfkunst praktiziert, die im Volksmund eher belächelt wird. Seine Leistungen bleiben nicht unhonoriert und so wird sehr schnell Donaka Mark (Keanu Reeves) auf den Jungen aufmerksam. Mark betreibt ein Unternehmen, welches illegale Kämpfe zwischen Kämpfern verschiedenster Kampfkünste ins Internet überträgt. Gegen einen ordentlichen Batzen Geld können Schaulustige diesen via Stream beiwohnen. Da das Kloster seines Meisters dringend renoviert werden muss, lässt sich Chen zu einem Engagement bei Marks Unternehmen überreden und für ihn zu kämpfen. Doch schon bald merkt er, dass dies ein fataler Fehler war, denn Mark verlangt, dass der Gewinner eines Kampfes den Verlierer vor laufender Kamera tötet. Dies widerspricht der Moral von Chen, jedoch ist es zu spät um einen Rückzieher zu machen und so bleibt ihm nur eine Option übrig: Er muss sich gegen seine Unterdrücker wenden.

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Man braucht keine Lupe, um zu erkennen, dass die Story des Filmes vor Klischees nur so strotzt und eher Mittel zum Zweck ist, um den Platz zwischen den Kampfszenen zu füllen. Die Kämpfe sind zugegebenermaßen gut bis hervorragend choreographiert und wurden nicht durch zu hektische Schnitte verschandelt, wie das in den letzten Jahren zur zweifelhaften Mode geworden ist. Jedoch waren das auch die einzigen Pluspunkte des Films. Alles abseits von Kameraarbeit und Kloppereien kann man leider nur als misslungen bezeichnen.

Das beginnt natürlich bei der Geschichte. Niemand erwartet von einem Martial Arts Film tief greifende Erzählungen oder Charakterstudien, aber ein bisschen weniger Klischee wäre wirklich schön gewesen. Stellenweise wirkt alles auch viel zu konstruiert. Chen bekommt gerade das Angebot gestellt und lehnt zunächst ab, da er nicht für Geld kämpfen möchte. In der nächsten Szene fährt er zum Kloster und findet seinen Meister mit einem Brief von der Gemeinde vor, der besagt, dass das Kloster baufällig ist und ohne Renovierung geschlossen werden muss, somit fährt er zurück und sagt dem Angebot zu. Das ist selbst für einen Film, bei dem Story zur Nebensache gehört einfach nicht genug, zumal diese Szenen nur beispielhaft für einige stehen, die in den Film gefunden haben. Weder Regie, noch Drehbuch haben da funktionierende Lösungen zu bieten.

Das die Charaktere nicht besonders tief angelegt sind, ist natürich zu erwarten. Jedoch versucht der Film ungeschickt gerade bei Chen Tiefe zu erschaffen. Er zofft sich mit seinem Boss, hat konträre Meinungen gegenüber seinem Meister was sein Tai Chi angeht und will fürs Kämpfen nicht monetär entlohnt werden. Doch all diese Ansätze verliert der Film im Laufe der Zeit, um sich auf das Kämpfen zu konzentrieren und die Entwicklung von Chens Charakter besinnt sich kaum darauf zurück, sodass man sich hier fragen muss, warum man in den ersten Szenen versucht ihn weiter zu zeichne, als es nötig ist. Stattdessen wird Chen viel zu schnell zum Brutalo, der Spaß daran findet, beim Kampf möglichst fies vorzugehen.

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Tiger Hu Chen spielt seinen Charakter viel zu stoisch. Er läuft mit ewig gleichem Gesicht durch die Szenerien und zeigt nur beim Kämpfen Emotionen. Gerade hier hätte man mit simplen Mitteln die anfangs angedeutete Charaktertiefe durch ein vielseitigeres Schauspiel verfolgen können. Auch Keanu Reeves bleibt weit hinter seinen Möglichkeiten als sadistischer Boss zurück. Man nimmt seinem Charakter zwar seine Boshaftigkeit ab, jedoch wirkt er immer irgendwie berechenbar, was ihn gleichzeitig auch langweilig dastehen lässt. Stellenweise wirkt der Film unfreiwillig komisch. Wenn z.B. Reeves mit wutverzerrtem Gesicht in die Kamera brüllt, konnte ich mir das Lachen einfach nicht verkneifen. Und kein Film kann sich einen Bösewicht leisten, den man nicht ernst nehmen kann.

Auch was Kulissen angeht bewegt der Film sich nur zwischen Arenen, sterilen Räumlichkeiten und urbanen Landschaften. Das ist nicht schlimm, denn der Fokus liegt klar auf dem Kampf. Jedoch kann es nie schaden ein paar optische Schauwerte zu bieten, gerade wenn der Rest des Filmes in der grauen Masse der Belanglosigkeit abtaucht.

Letztendlich muss man sagen, dass Keanu Reeves Regie-Debut ein ebenso großer Flop ist, wie sein letzter Leinwandauftritt bei den Ronin. Zu viel Wert wurde auf die Choreograophien gelegt, zu sehr wurde der Rest vernachlässigt. Selbst bei einem Martial Arts Film reichen gute Kämpfe und eine solide Kamera nicht aus, um zu überzeugen, erst recht wenn man keine Charaktere hat mit denen man mitfiebern kann. Unfreiwillige Komik und die Abstinenz von jeglichen Emotionen liefern hier ein steriles Filmerlebnis ohne Höhepunkte. 

4/10

J.

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