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Freitag, 18. Juli 2014

Destiny Beta Tagebuch - Tag 1


Puh, war das ein Kampf gestern Abend. In der Geschichte der Beta-Tests gibt es unzählige Negativ-Beispiele, was schlechte Vorbereitung seitens der Entwickler und Publisher angeht und trotzdem scheint einfach niemand daraus zu lernen. Um Punkt 19 Uhr (offizieller Start der Beta) ging nichts mehr. Sowohl die Server des Entwicklers Bungie, welche eigentlich die Keys für die Testphase  bereitstellen sollten, als auch die Server des Playstation Networks legten einen Parallel-Kollaps hin und bereiteten vielen tausend Menschen Frust. Zwei Stunden meines kostbaren Lebens habe ich benötigt und letztendlich den Download auf dem Bildschirm zu sehen. Dieser dauerte dann nochmal gute drei Stunden, da meine ansonsten wunderbare Highspeed-Leitung ausgerechnet gestern einen schlechten Tag erwischt hatte. Der geplante Zock-Abend wich also einem stundenlangen Rumgewarte. Die Frage, wie denn nun Destiny sich spielt ging also mit der Frage einher, wann die Menschen hinter den Betas endlich mal lernen, dass man nach monatelangem Hype-Aufbau womöglich auch mal die nötigen Server herankarren sollte, um diesem dann auch standzuhalten. Fail Bungie, Fail Sony! Wir starten mit Destiny...

Nach meinem Download-Krampf finde ich mich nun also endlich im Menü des Spieles wieder. Von epischer Musik begleitet werden mir die drei spielbaren Rassen des Spieles nähergebracht. Die unspannenden Menschen, die bleichen elfenhaften Awoken und die Roboterrasse der Exo. Letztere scheinen mir am spannendesten zu sein und so entscheide ich mich die Beta als Blechbüchse zu beschreiten. Eine von drei Charakterklassen ist auch schnell gewählt: Der Jäger. Ein Scharfschütze, der eher aus dem Hintergrund operiert. Nachdem ich das "Gesicht" meines virtuellen Avatares ein wenig personalisiert und das Intro hinter mich gebracht habe stehe ich auf einmal da und übernehme Kontrolle über dieses besondere Spiel, das dieses Jahr wohl so heiß erwartet wird wie kaum ein anderes.
Doch was für Erwartungen hatte ich überhaupt an Destiny? Ohne es je gespielt zu haben entstand in meinem Kopf das Bild eines Hybriden aus Halo und Borderlands gemischt mit einem MMORPG ala World of Warcraft oder Guild Wars 2 im Tarnmantel eines First Person Shooters. Hab ich richtig gelegen oder ist das vollkommener Blödsinn? Das gilt es dann wohl in den nächsten zehn Beta-Tagen herauszufinden.

Ich bahne mir meinen Weg durch eine zertörte Raketenbasis irgendwo in der Einöde Russlands. Zuvor wurde mein Charakter von einem fliegenden Würfel - einem sogenannten Geist - aus der Totenstarre geweckt. Der Geist dient mir von nun an als eine Art ständiger Begleiter mit Info-Funktion und akutem Redebedarf. Munter quaselnd fliegt das Ding neben mir her, während ich vor unsichtbaren Verfolgern in einen größeren Gebäudekomplex flüchte. Atmosphärisch macht Destiny zu diesem Zeitpunkt schon viel her. Die zerstörten Umgebungen dieses SciFi-Endzeitszenarios sind detailreich in Szene gesetzte, überall herrscht der Rost und die Unordnung, während sich die Natur langsam ihren Platz in den einst von Menschen erschaffenen Gebäuden und Straßen zurückholt.
Im Gebäude ist es düster. Die Taschenlampe erleuchtet nur ein paar Meter voraus. Ich finde meine erste Waffe. Gerade rechtzeitig wie sich herausstellt, denn kurz danach zeigen die Verfolger ihr Gesicht. Die Alienrasse der Fallen ist dabei sich die kaputte Reste der Erde unter den Nagel zu reißen und nicht wirklich glücklich darüber auf einen Überlebenden zu stoßen. Doch mit meinem Sturmgewehr haben sie nicht gerechnet und so mache ich mich auf das Gebäude von lästigen Angreifern zu befreien. Meine Schüsse werden von aufleuchtenden Anzeigen des verursachten Schadens am gegnerischen Körper quittiert. Erste Assoziation: Borderlands! Am Ende des Dungeons finde ich ein demoliertes Raumschiff, welches jedoch noch zu einem letzten Flug bereit scheint. Es wird mit von nun an dazu dienen zwischen Regionen und Planeten des Destiny-Universums zu reisen. Nun habe ich jedoch nur ein Ziel, wie mir mein gutgelaunter Geist vermittelt: Den Turm. Ein hohes Gebäude in der letzten von Lebewesen besiedelten Stadt der Erde, welches Abenteurern wie mir als Stützpunkt dient.


Der Turm dient den Spielern als Ausgangspunkt für die Missionen. Hier kann man Gegenstände kaufen, Post verschicken, sich neu ausrüsten und mit anderen Mitstreitern gruppieren, um gemeinsam auf Ausflüge in lebensfeindliche Gebiete zu gehen. Meine Spielfigur steuere ich hier in der 3rd-Person-Perspektive. Einige Missionen werden mir schon angezeigt, und auch diverse NPCs wollen, dass ich zum Rapport bei ihnen erscheine. Schnell wird klar, dass Destiny sich hier einiges bei reinrassigen MMORPGs abgeguckt hat. Quests werden angenommen und abgegeben, Ausrüstungsgegenstände modifiziert, potentiellen Party-Mitgliedern winkt man per Emoticon verschüchtert zu oder tanzt wildfremd andere Spieler an.
Diese wuseln hier schon überall herum. Auf Wunsch könnte ich ihnen jetzt Einladungen schicken, um sie in mein sogenanntes "Feuerteam" aufzunehmen. Ich entscheide mich aber zunächst dagegen und möchte allein auf Mission gehen. Vorher jedoch bemerke ich, dass mein Charakter eine Stufe aufgestiegen ist. Skillpunkte darf ich hier zwar (noch?) nicht verteilen, jedoch kann ich meinem Avatar bei Stufenaufstieg neue Fähigkeiten beibringen, die mir im Kampf dann weiterhelfen.
Auf Dauer langweilt mich der Turm kräftig und so besteige ich meinen Raumgleiter um in den Orbit zu fliegen und meinen nächsten Einsatz zu planen. Auf einer Regionskarte kann ich nun verschiedene Missionen anfliegen, die in der großen, frei begehbaren Region Russlands zur Verfügung stehen. Auf Wunsch kann ich mir anzeigen lassen was zu tun ist, ob der Einsatz für meine derzeitige Stufe geeignet ist und was als Belohnung nach erfolgreichem Abschluss auf mich wartet. MMORPG steckt auf jeden fall mit drin.

In den nächsten 2-3 Ausflügen auf die Erdoberfläche bekämpfe ich Unmengen verschiedener Gegner, suche nach rar gesäten und gut versteckten Truhen, in denen neue Gegenstände oder größere Glimmer-Mengen (die Währung des Spieles) auf mich warten, steige Level auf und beschaffe mir einen fahrbaren Untersatz, den ich von nun an immer wieder auf Wunsch unter mir erscheinen lassen kann, um schneller durch die zerstörten Landschaften zu brettern.
Überall treffe ich auf Spieler, die für sich alleine Missionen erfüllen oder in kleineren Gruppen aus 2-3 Leuten auf Streife gehen. Auf der Erdoberfläche kann ich mich jedoch scheinbar nicht mit ihnen zusammenschließen und so bleibt meine einzige Interaktion ein trauriges Winken, welches erwidert wird bevor man wieder getrennte Wege geht. Immer wieder bringen Landungsschiffe kleinere Gegnerhorden vorbei, um die Regionen mit feindlichem Leben zu füllen, wenn die Spieler zu gründlich aufgeräumt haben. Ich durchkämme viele kleinere Gebäude, Höhlen und Wracks auf der Suche nach Beute und werde brutalst in einem Keller von Gegnern umgemäht, deren Stufe nur mit drei Fragezeichen tituliert wird. Die waren dann doch etwas zu stark für meinen Jäger, der noch ganz grün hinter den Ohren ist. Also wird gelevelt!
Und die ersten Level steigen recht zügig an. Auch meine Fähigkeiten entwickeln sich. Schon bald kann ich Flammen speiende Granaten werfen, höher gelegene Orte per Doppelsprung erreichen und eine verheerende Attacke beschwören, die sich "Super" nennt. Scheinbar hat jede Klasse davon eine eigene. Mein Jäger hat einen golden schimmernden Revolver, der innerhalb von 1-2 Schüssen jeden noch so starken Gegner in Richtung Nirvana jagt. Einen Haken hat diese "Super"-Fähigkeit jedoch: Man kann sie nur benutzen, wenn die "Super"-Leiste aufgeladen ist und dies geschieht nur, wenn man einige Handvoll Gegner ausgeschaltet hat.


Destiny macht mir mit jeder Stufe mehr Spaß, auch wenn meine Hauptaufgabe bis dahin besteht im Freien oder in Kellern und Gebäuden Heerscharen an Gegnern zu dezimieren. Ein großer Pluspunkt ist, dass Bungie es geschafft hat das hervorragende Waffenhandling der Halo-Spiele auch in ihren neusten Titel zu transferieren. Auch die Steuerung der Fahrzeuge und überhaupt der Einsatz dieser wirkt gerade für Xbox-Veteranen wie mich seltsam vertraut.
Mittlerweile habe ich auch schon eine Vielzahl an Waffen angesammelt, die sich in mehrere Kategorien unterteilen. Die Primärwaffe ist meine klassenspezifische Waffe, also in dem Fall mein Scharfschützengewehr. Die Sekundärwaffe ist eine Waffe meiner Wahl und im späteren Spielverlauf wird dann noch eine schwere Waffe freigeschaltet werden, die in Form eines Raketenwerfers oder eines schweren Maschinengewehres gewaltige Löcher in die Feindarmee reißt. Im Moment fehlt mir diese Durchschlagskraft noch, weswegen ich gerne mit meiner Feuergranate um mich werfe. Einziges Manko: Sie hat eine recht lange Abklingzeit bis ich sie wieder benutzen darf.
So viel Spaß mir das alles auch macht: Alleine herumlaufen ist in einem Spiel, welches sich Multiplayer groß auf die Brust schreibt dann doch nicht das Wahre. Ein Mitspieler muss her und ein Blick in die Freundesliste offenbart: Es gibt Beta spielende Menschen! Also werden geschwind Einladungen ausgetauscht und nach Sekunden findet man sich zu zweit im Turm wieder, während man über der Playstation-Party munter plaudern kann. Als Feuerteam gehen wir ab jetzt zusammen auf Patroullie. Dies scheint mit bis zu drei Spielern pro Team möglich zu sein. Wir sind jedoch nur zu zweit. Dennoch übernimmt ein Spieler die Führung über das Team, was sich dann darin äußert, dass er die nächste Mission auswählt, während die restlichen Teammitglieder ihm einfach automatisch folgen.
Und Tatsache: Zu zweit ist es nochmal um Einiges spaßiger die Weiten Russlands unsicher zu machen. Wir ballern munter durch die Feindesreihen, wenn was schief läuft wird der Gefallene per Knopfdruck wiederbelebt. Gefundene Items werden geteilt, Waffen und Rüstungsteile hingegen sind für den jeweiligen anderen Spieler unsichtbar, sodass niemand den anderen die Beute klauen kann.

Immer mal wieder lässt ein besiegter Gegner einen grünen Gegenstand fallen. Diese sind - wie in vielen anderen MMOs auch - seltene Gegenstände die jedoch per Code verschlüsselt sind. Im Turm gibt es einen Spezialisten, welcher gegen einen geringen Betrag diese Items entschlüsseln kann. Meist haben diese seltenen Gegenstände zusätzliche Effekte (kreatives Beispiel: Stärke +12). Waffen können neben dem normalen Schaden noch zusätzlichen Elementar-Schaden machen, z.B .durch Feuer oder Gift.
Zudem können manche Gegenstände bei Levelaufstiegen aufgewertet werden und bekommen so noch einmal zusätzliche Boni.
Nachdem wir uns durch weitere Story-Missionen gekämpft haben dürstet es uns ein wenig nach Abwechslung und wir starten in eine so genannte "Erkundungs-Mission". Diese entpuppt sich als Modus, in dem man einfach frei die Welt erkunden kann, in der man dann immer wieder zufällig generierte Nebenmissionen der Kategore "Beschütze dies, sammel das, bekämpfe jenes" finden kann. Diese sind zwar ganz nett, jedoch sinkt der Unterhaltungswert nach einem halben Dutzend schnell. Das große Plus am Erkundungsmodus scheint, dass man sich in Ruhe umsehen kann um potentielle Geheimnisse und Schätze ausfindig zu machen, die allerdings wirklich rar gesäht sind. Immer wieder stolpert man auch über den ein oder anderen Rohstoff, den man abbauen kann. Zu was man diese anschließend benötigt, hat sich mir bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht erschlossen.
Immer mal wieder geschehen im unmittelbaren Umfeld auch zufällige Ereignisse, zu denen sich dann alle Spieler im Gebiet unabhängig von Feuerteams miteinander verbünden, um das Missionsziel innerhalb eines knappen Zeitlimits zu schaffen. Es müssen dann besonders starke Gegner bekämpft, Punkte verteidigt oder Objekte zerstört werden. Diese spontanen Events sind ein kleines Highlight, da schnell Schlachten mit vielen Spielern ausbrechen. Auch in Storymissionen kann man auf solche Ereignisse treffen.


Anstatt weiterhin frei zu erkunden entscheiden wir uns nach einer gewissen Zeit einen weiteren Modus auszuprobieren. Es gibt nämlich auf PvP- (Player vs. Player)-Inhalte im Spiel. Hierzu reisen wir zum Mond der Erde. Dort erwartet uns ein Eroberungs-Modus bei dem zwei Teams a sechs Spieler versuchen strategische Punkte auf der Karte zu erobern und zu halten, während sie sich gegenseitig bekämpfen. Das Team, das nach 5 Minuten die meisten Punkte gesammelt hat gewinnt. Dies ist ein Modus, welchen man schon in ähnlicher Form aus vielen anderen Shootern kennt. In Destiny erhält er durch die klassenspezifischen Fähigkeiten nochmal eine frische Note. Auch hier fühlt man sich wieder einmal sehr an Halo erinnert. Fahrzeuge können benutzt werden, eine männliche Stimme kommentiert jede Veränderung und jedes Ereignis am Spielverlauf. Auch hier fühlt man sich als Halo-Spieler schnell mit einigen Deja Vous konfrontiert.
Jedoch scheint es Balancing-Probleme zu geben. In unserer Spielrunde waren Spieler von Level 6 bis 9 dabei. Schnell wurde deutlich, dass die Spieler mit höherem Level klar dominierten. Dies lag wohl daran, dass sie Rollenspiel-typisch einfach mehr schaden verursachten und gleichzeitig auch mehr Kugeln fressen konnten, als die anderen. Hier muss Bungie noch dringend nachbessern, dann erwartet die Spieler ein netter Zeitvertreib abseits der Story-Schlachtfelder.

Nach diesem leider etwas frustrierenden Kapitel blieb uns nichts anderes übrig, als sich wieder der Story zu widmen. Zu unserer Verwunderung stand im russischen Gebiet (welches wohl auch das einzige ist, das die Beta umfasst) nur noch eine Mission zur Verfügung. Nachdem diese angenommen wurde und die ersten paar Gegner im Gras lagen folgt direkt ein weiterer Moment negativ tendierender Verwunderung: Als ich auf Level 8 aufsteige zeigt mir das Spiel an, dass dies in der Beta gleichzeitig auf den Maximallevel bedeutet. Etwas verwirrt schaue ich in mein Inventar, in dem schon Gegenstände "ab Level 10" auf ihre Verwendung warten. Diese werde ich dann wohl leider nie ausprobieren können und erste Zweifel am Umfang der Beta keimen auf.
Jedoch lassen wir uns davon erst einmal nicht entmutigen und starten in diese womöglich letzte Storymission.
Hierzu wird uns ein uns fremder Spieler zugeteilt, weil die Bedingung für den Start ein Feuerteam von drei Personen ist. Zu dritt kämpfen wir uns also wieder einmal durch zerfallene Gebäude, freie grasbewachsene Flächen und Innenhöfe, bis uns plötzlich ein Bossgegner vor die Füße fällt. Ein riesiger Spinnenroboter inklusive Gefolgschaft versperrt uns den Weg und verlangt uns im nachfolgenden, lang andauernden Kampf alles ab. Mehrfach wird gestorben und wiederbelebt. Der rapide angestiegene Schwierigkeitsgrad verwirrt uns jedoch nur, weil die Missionen zuvor recht locker gemeistert werden konnten. Bossgegner geben vor allem viele Erfahrungspunkte und lassen ab und an sogar einmal seltene Gegenstände fallen. In meinem Fall war das eine blaue (ein legendäres Item) Pistole, welche mal wieder für Charaktere jenseits von Level 8 bestimmt war: Frust! Warum baut man solche Gegenstände dann überhaupt in die Beta ein?!

Nach dieser vorerst wohl letzten Mission werden wir wieder im Turm ausgespuckt. Ein letzter Blick ins Inventar und in die Regale des Händlers, dann trennt man sich für heute. Es waren gut vier Stunden, die man heute in Destiny investiert hat und die drohende Inhaltsarmut macht Sorgen. Kann es wirklich sein, dass Bungie den Umfang der Beta nur so gering hat ausfallen lassen? Eine noch gesperrte Mission auf dem Erdenmond macht Hoffnung auf eine weitere Questreihe, doch die werden wir erst morgen starten. Mit gemischten Gefühlen beende ich das Spiel. Gemischt, weil ich extrem viel Spaß in der Welt von Destiny hatte und nun mit der unangenehmen Befürchtung aus ihr herausgehe, dass dieser Spaß womöglich schon bald vorbei sein könnte, sollte man wirklich schon die meisten Beta-Inhalte gesehen haben.

Tagebucheintrag Nr. 2 folgt dann morgen...





Donnerstag, 17. Juli 2014

Gesichtet: The Signal



"The Signal" ist einer dieser Filme, die im Kino landen, ohne dass man es wirklich mitbekommt. Für Regisseur William Eubank ist es der erste Leinwandausflug und auch sein Cast besteht weitestgehend aus Gesichtern, die dem Filmliebhaber auf den ersten Blick wenig sagen, wäre da nicht Laurence Fishburne. Mit diesem wurde der Film dann auch in erster Linie beworben. In Trailern wirkte er meist kryptisch und die Filmposter zeigen klinisch saubere Umgebungen und Menschen in weißen Schutzanzügen. All das in Kombination macht neugierig und so begab ich mich ins Kino, um zu sehen ob der Film außer dem Namen Fishburne noch etwas zu bieten hat. 

Über den Film zu sprechen ist ein bisschen wie das Entschärfen einer Bombe. Ist man unvorsichtig, dann zerstört man ihn. Die Geschichte ist sein Kapital und so wäre es an dieser Stelle unangebracht wirklich ausführlich darüber zu sprechen, daher beschränke ich mich auf wenige spoilerfreie Sätze.

Die drei College-Freunde Nick, Haley und Jonah (in der Reihenfolge: Brenton Thwaites, Olivia Cooke und Beau Knapp) sind Hobby-Hacker und seit einiger Zeit frustriert: Ein anonymer Hacker-Konkurrent namens Nomad provoziert sie und führt sie immer wieder vor, indem er ihre Geräte hackt und schelmische Nachrichten hinterlässt. Die beiden Jungs wollen das nicht auf sich sitzen lassen und nehmen den Kampf gegen ihn auf. Die drei Teenager machen sich auf nach Nevada, da Nicks Freundin Haley dort für ein Jahr aufs College gehen möchte. Wie der Zufall es will würde ein Ausflug zu Nomads Standort nur wenige Kilometer Umweg bedeuten und so fällt der Beschluss den Quälgeist vor Ort zur Rede zu stellen. Dort angekommen erwartet die drei Freunde jedoch nur eine verlassene Hütte. Beim Erforschen dieser kommt es zu einem Vorfall und sie verlieren das Bewusstsein.

Als Nick wieder aufwacht befindet er sich in einem Forschungsbunker der Regierung. Angeschlagen und im Rollstuhl sitzend wird er von Dr. Wallace Damon - einem Wissenschaftler - über die Geschehnisse befragt, an die er sich nicht mehr so richtig erinnern kann. Doch irgendetwas scheint an seiner Situation nicht zu stimmen. Wo sind seine Freunde? Warum weicht der Doktor allen seinen Fragen aus? Was ist das für ein seltsames Tattoo auf seinem Arm und wo ist dieser Nomad?


Der Mix Science Fiction-/Mystery-Thriller dürfte "The Signal" wohl passend beschreiben. Was im Trailer recht temporeich aussah entpumpt sich auf der Leinwand als ruhiger, dialoglastiger Film. Gerade der Anfang führt die Charaktere recht detailliert ein, man bekommt ein Gefühl für diese Dreiecksbeziehung. Jedoch gibt es ein Problem: Die Motivation der Gruppe den Hacker zu verfolgen ist einfach nicht nachvollziehbar. Spätestens als sie durch die Einöde fahren und als potentielle Unterkunft eine horrofilmreife Bruchbude vorfinden, entstand für mich ein Bruch, sodass ich mich nicht mehr mit ihnen identifizieren konnte. Zudem ist Hauptfigur Nick der unsympathischste und uninteressanteste von den drei Teenies. Da hilft auch nicht, dass man ihm mit einem Unfall in der Vergangenheit - welcher ihn nun nur noch auf Krücken laufen lässt - versucht etwas Tiefe zu verleihen. Der leicht abgedrehte Noah oder Nicks Freundin Haley wirken einfach zu jedem Zeitpunkt interessanter.

Dieses Problem rückt jedoch in den Hintergrund, sobald die Story wirklich in Fahrt kommt. Ab dem Punkt, an dem Nick in der Forschungsstation aufwacht zieht die Spannungskurve an. Viele Fragen werden aufgeworfen und zunächst nicht geklärt. In erster Linie besteht der Mittelteil aus Gesprächen zwischen Fishburnes Charakter Dr. Damon und Nick, welche meist noch mehr Fragen mit sich bringen, als das sie Antworten liefern. Dies in Kombination mit der unheilvollen Atmosphäre und der bedrückenden klinischen Sauberkeit des Umfeldes weckt Interesse und - und das darf noch verraten werden - sobald Nick die Basis verlässt, lässt der Film seine Dialoglastigkeit hinter sich und wird temporeicher und spannender. Das Pacing des Filmes weiß also durchaus zu gefallen, auch wenn es sich gerade gegen Ende dann doch einen dicken Patzer leistet, denn während der Rest des Streifens sehr detailverliebt und ruhig ist, überschlägt er sich gegen Ende regelrecht, fast so als ob man das Finale plötzlich schnell samt Lösung abdrehen musste. Das hat zur Folge, dass gerade der Schluss die größte Schwäche des Filmes darstellt und letztendlich den Eindruck einer solide, spannend erzählten Story trübt. Zudem ist die große Enthüllung dann doch etwas zu unspektakulär, um wirklich zu befriedigen. Ein solcher Film steht und fällt mit der Auflösung und wird diese verbockt, dann verliert der Rest des Filmes ebenfalls an Qualität, auch wenn diese gerade für eine Produktion mit verhältnismäßig niedrigem Kinobudget im Falle "The Signal" sehr ordentlich war.


Und das gilt gerade für die Optik des Filmes. Er wirkt sehr durchstilisiert und ästhetisch. Die hervorragende Kameraarbeit fängt die Szenarie immer wieder aus tollen Winkeln ein - spektakuläre Canyonlandschaften und exotischere Einstellungen inklusive. Untermalt von einem wirklich tollen elektronisch-melancholischem Soundtrack entstehen hier tolle atmosphärischen Aufnahmen, gerade wenn der Film die Vergangenheit der Charaktere zeigt und gefühlvolle Zeitlupen gepaart mit schönen Klängen serviert. Die Fähigkeiten einen gut aussehenden, stlistisch kreativen und ansprechenden Film zu erschaffen hat William Eubank definitiv und dies macht den Film zumindest auf Bild- und Klangebene zu einer ebenbürtigen Konkurrenz für größer budgetierte Genre-Kollegen. Im Storytelling und Pacing muss er jedoch ganz klar nochmal die Schulbank drücken, denn hier sitzen gegen Ende - wie schon angesprochen - die großen Fehler.

Kein Fehler hingegen war die Besetzung der Hauptcharaktere. Die drei "No-Names", die die Rollen von Nick, Haley und Jonah besetzen waren die richtige Wahl. Sie lösen ihre Aufgabe souverän und ansprechend und gerade Beau Knapp als leicht abgedrehter Nerd macht Spaß. Brenton Thwaites hat im Cast leider die etwas undankbare Rolle erwischt. Zwar spiel er den Protagonisten, jedoch ist sein Charakter einfach langweilig und unsympathisch, was wohl den Drehbuchschreibern zuzuschreiben ist. Thwaites gibt sich sichtlich Mühe diese Charakterhülle mit Leben zu füllen, man hat aber stets das Gefühl, dass er unter den richtigen Bedingungen mehr hätte geben wollen und können.
Ebenfalls problematisch ist die Rolle von Laurence Fishburne, denn er hat einfach zu wenig zu tun. Zwar ist seine Screentime sehr ordentlich, jedoch besteht diese zumeist nur aus Gesprächen, in denen er ruhig und relativ ausdruckslos auf Nick einredet. Ein Schauspieler von diesem Kaliber ist mit dieser Rolle einfach unterfordert und so gelingt es ihm nur selten wirkliche Highlights zu setzen, jedoch gibt er in seinem Rahmen sein Bestes. Ein paar brilliantere Momente hätte man ihm jedoch durchaus in die Skripte schreiben können.


"The Signal" hat es mir nicht einfach gemacht. Auf der einen Seite stehen die Optik, der Soundtrack und eine über weite Strecken spannende Geschichte mit viel Potential, die gekonnt in Szene gesetzt wurde. Auf der anderen Seite wirkt das Ende dahingeschludert, die Dialoglastigkeit legt Schwächen in der Charakterzeichnung frei und gerade Laurence Fishburne ist nicht der Trumpf des Filmes, sondern lediglich ein großter Name, da seine Rolle ihn seine stärken nicht ausspielen lässt. Science-Fiction Fans bekommen hier recht spannende 95 Minuten geliefert, die sich gerade durch die Ruhe und den Fokus auf den Dialogen nach 10-20 mehr anfühlen. Gäbe es nicht die große Schwäche am Ende des Filmes, wäre Eubank hier wohl so etwas wie ein Geheimtipp gelungen. So ist es leider lediglich ein solider Genrebeitrag geworden, den ich Kinogängern lediglich bei akuter Langweile empfehlen würde. Ein Gang zur Videothek in ein paar Monaten reicht völlig aus. Dann ist The Signal ein abendfüllender SciFi-Thriller, der durchaus zu unterhalten weiß, wenn man über klar sichtbare Schwächen abseits von Optik und Technik hinwegsehen kann. 

6/10

Montag, 7. Juli 2014

Gesichtet: No Turning Back - Locke


Ein wenig seltsam ist es schon. Als Film-Fan freut man sich ganz besonders auf die großen Produktionen. Die großen Namen. Die Filme mit den zwei- bis dreistelligen Budget-Beträgen.
Filme die unterhalten und die den Zuschauer mit positiven Gefühlen im Sitz zurücklassen und für eine gewisse Zeit eine Flucht vor dem Alltag boten. All das sind laute Filme. Sie sind aufwendig inszeniert, edel besetzt und publikumsfreundlich konzipiert. Spaß soll man haben, alles um sich herum vergessen und am Ende glücklicher aus dem Kino kommen, als man hineinging.
Dann aber gibt es auch die Filme, die all das nicht haben. Kleine, stille Produktionen, die man leicht übersieht und die nicht den Anspruch haben von einem großen Publikum wahrgenommen zu werden. Während all die Blockbuster und Kinohits - Ausnahmen ausgeschlossen - bewusst auf Unterhaltung und oberflächliche Abhandlungen von Emotionen und Charakteren fixiert sind, so sind es gerade die kleinen Filme, die einen gänzlich andern Weg gehen. Einen ganz besonderen Vertreter dieser Sorte durfte ich heute sehen: "No Turning Back" (Orginaltitel "Locke").
Und um meinen ersten Satz noch einmal aufzugreifen: Irgendwie sind es dann doch eben diese kleinen Filme, die mich mein Hobby so lieben lassen.

"No Turning Back" zu beschreiben ist so leicht wie bei kaum einem anderen Film, ihn jedoch zu erklären nicht. Fangen wir also mit der Beschreibung an.
Wir begleiten Ivan Locke (Tom Hardy) auf einer Autofahrt von Birmingham zu einem Krankenhaus in einer anderen, dem Zuschauer unbekannten Stadt. Locke ist erfolgreicher Baustellen-Manger, hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Es ist der Abend vor dem wohl größten Projekt seiner Karriere. Das Fundament für ein riesiges Gebäude soll gegossen werden und für den reibungslosen Ablauf dieser Aktion ist allein er verantwortlich. Doch er wird nicht da sein können, denn der wohl schlimmste Moment seines Lebens steht ihm bevor und er weiß, dass er kommen wird und wird bald begreifen müssen, dass sich Probleme im Privatleben nicht so rational lösen lassen, wie die auf der Baustelle.
Denn Locke ist verheirateter, zweifacher Familienvater, scheint glücklich mit Frau und Kindern im Eigenheim zu leben, wenn da nicht ein paar Stunden in seinem Leben gewesen wären, die ihn an diesem Abend einholen sollten. Locke hatte eine Affäre mit einer anderen Frau und genau diese bringt heute ihr gemeinsames Kind zur Welt.

Der 90-minütige Streifen ist in Echtzeit gedreht. Wir begleiten den Protagonisten die gesamte anderthalb-stündige Fahrt zum Krankenhaus, während wir ihm meist direkt ins Gesicht gucken. Nur ab und zu sehen wir verschwommene Lichter hinter regenüberströmten Fensterscheiben oder das Display des Boardcomputers, über das Locke Anrufe annimmt oder selber tätigt. Der Film spielt komplett im Auto, alle gesprochenen Worte erfolgen über das Telefon oder im Monolog. Dieser Minimalismus erlaubt es dem Zuschauer sich sehr intensiv mit dem Charakter auseinanderzusetzen und den nötigen Fokus auf die Gespräche zu legen, um so auch zwischen den gesprochenen Zeilen zu lesen. Die Dialoglastigkeit und die damit einherkommende Handlungsarmut ist ein großes Risiko, da die Gefahr besteht den Zuschauer zu langweilen oder sich in Belanglosigkeiten zu verlieren. Umso imponierender ist es, dass man Tom Hardy förmlich an den Lippen hängt und jedes Wort in sich aufsaugt. Die Dialoge generieren Spannung und das ist der größte Trumpf, den No Turning Back aufzubringen hat und wodurch er letztendlich auch voll uns ganz zu überzeugen weiß.


Die Erzählweise wird absolut auf diese minimalistischen Mittel beschränkt. Vergangenes und parallel Geschehendes wird lediglich nacherzählt oder über das Telefon vermittelt. Was auf der anderen Seite der Leitung geschieht bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen. Tom Hardy ist der einzige Schauspieler dieses Films den wir zu sehen bekommen. Doch diese One-Man-Show inszeniert er grandios und glaubhaft. In seinem Gesicht kann man förmlich alle inneren Denkprozesse lesen. Man leidet und fühlt mit. Man spürt die Überwindung, mit der er immer wieder Telefongespräche annimmt, nur um sich aufs neue mit Ehefrau, Chef und Kollegen duellieren zu müssen. Während dieser 90-minütigen Fahrt verliert Ivan Locke sein komplettes Leben und wie Hardy diese Entwicklungen spielt - wie er schreit, weint, fleht und wieder Hoffnung schöpft - sollte ihm endgültig viele Türen in Hollywood öffnen, nachdem er schon als Bane in "The Dark Knight Rises" und als vom inneren Schmerz zerfressener Martial-Arts-Kämpfer in "Warrior" brilliert hat. Man kann ihm den Erfolg wirklich nur wünschen, auch wenn "No Turning Back" wohl an der breiten Masse ohne Beachtung vorbeiziehen wird.

Und das kann ich sogar schon ein wenig nachvollziehen, denn letztendlich haben wir es hier mit absolutem Nischen-Kino zu tun. Ein Drama mit nur einem Darsteller, welches nur in einem Auto spielt und lediglich eine handvoll Kameraperspektiven bietet. Bei dem man sich auf Dialoge konzentrieren muss, außer Hardy kaum Schauwerte zu sehen bekommt und letztendlich konstant mit dem Niedergang eines Mannes zu tun hat, der versucht das Richtige zu tun, nachdem er einen Fehler begangen hat. Während Locke mit seinen inneren Dämonen, der Ehefrau und den Planungen für das morgige Großprojekt kämpft, kämpft der Zuschauer mit der Entscheidung, ob er es sich selbst zuzuschreiben hat, dass er in dieser Situation steckt oder ob er letztendlich das Opfer in einer Flut von Ereignissen ist, die ihn in einem höheren Maße bestrafen, als er es eigentlich verdient. Verdient dieser Mensch Vergebung oder doch genau das was er bekommt? Ist das Leben mit all seinen Konsequenzen nun gerecht oder ungerecht? Nach dem Abspann wird man mit diesen Fragen im Kopf wohl noch eine Weile rumlaufen. Der Film ist deprimierend, mitleiderregend und über Weite strecken trostlos. Die Autobahn auf der Locke unterwegs ist, ist ein symbolischer Weg zum Schlachthaus, den viele anonyme Mitreisende in ihren eigenen Gefährten begleiten, während der Regen die Lichter und Scheinwerfer zu surrealen Gemälden verzerrt. Die Szenerie untermalt den Film perfekt und lenkt nie von den Gesprächen oder Hardys Gesicht ab, denn diese beiden Elemente tragen den Film und machen ihn zu dem Erlebnis, das er nunmal ist, egal wie düster und hoffnungslos.

Es ist wohl kein Vebrechen, dass dieser Film somit von den meisten Menschen ungesehen bleibt. Es ist kein Unterhaltungsfilm, sondern einer, der den Zuschauer emotional in die Lage dieses leidenden Menschen versetzt, der händeringend um die Erhaltung seines Lebens ringt und letztendlich nur verliert. Doch Freunde von Dramen, hervorragenden Schauspielkünsten und Filmen mit Anspruch sollten sich das Werk von Regisseur Steven Knight nicht entgehen lassen, der hier wohl einen der stärksten Beiträge zu seiner Filmkarriere gedreht hat.
Diese Geschichte über das Leben zog mich runter, machte mich nachdenklich und hielt mich trotz Minimalismus fest umklammert. Es ist in Ordnung, wenn man sich nach diesem Film leer und traurig fühlt, denn man erlebte das Leben von der wohl schonunglosesten, aber auch einer sehr realistischen Seite. Und doch endet der Film mit einem Hoffnungsschimmer und einem neuen Leben. Ein Ende wie es wohl zwiespältiger kaum sein könnte, bei einem Film der kaum ist wie ein anderer.

8/10