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Dienstag, 26. August 2014

Getestet: HOHOKUM


Seit dem Super Game Boy bin ich leidenschaftlicher Gamer. Ich habe nun vier Konsolengenerationen hinter mir, hunderte von Spielen gespielt und eine nicht mehr zu greifende Zahl an Stunden in virtuellen Welten verbracht. Obwohl ich erst Mitte zwanzig bin, fühle ich mich nicht selten wie ein Gaming-Rentner. Der Satz "Früher war alles besser" ist mir nicht selten über die Lippen gerutscht und obwohl das Hier und Jetzt wohl die bisher beste Zeit ist, um Videospiele zu spielen, erinnere ich mich oft mit Wehmut an die späten Neunziger und die ersten Jahre nach der Jahrtausendwende. In gewisser Weise fehlt mir vielleicht der Minimalismus, die begrenzten Möglichkeiten - ob grafisch oder spielerisch - und der Blick mit Kinderaugen auf diese viruellen Welten, der alles noch nicht so berechnend sah, sondern sich von der Magie gefangen nehmen ließ. Nicht falsch verstehen: Ich würde nie im Leben mein Dark Souls, mein Bioshock oder mein GTA 5 gegen mehr Spiele der alten Machart tauschen, aber der Zauber ist schon ein wenig verflogen. Und doch gibt es Momente, da lebt er wieder auf und ich spüre die Emotionen, die mich damals durch Titel wie Super Mario, Zelda und Banjo Kazooie  begleitet haben. Das dies gerade ein kleines Indie-Game schafft, hätte ich zuvor nicht gedacht.

Den Stick meiner Vita und zwei Knöpfe. Mehr brauche ich nicht um Hohokum zu spielen. Ohne ein Wort werde ich in eine Spielwelt geschmissen, in der ich die Kontrolle über ein schlangenartiges Wesen übernehme, dessen Kopf nur aus einem Auge besteht und dessen Körper willkürlich und ununterbrochen durch alle Möglichkeiten der Farbpalette wechselt. Meine Aufgabe? Hätte man mich zu dem Punkt des Spieles gefragt: Keine Ahnung!

Hohokum will entdeckt werden. Das Schlangenwesen fliegt druch eine Welt bestehend aus vielen kleinen Orten, welche durch Portale miteinander verbunden sind. Jeder dieser Orte erzählt eine kleine Geschichte und hält eine Kernaufgabe parat, welche es zu lösen gilt. Was diese Aufgabe ist und wie man diese löst, das muss der Spieler selbst herausfinden. Man fliegt einfach mit dem sich stets windenden Protagonisten des Spieles durch die Gegend und schaut was passiert. Aufmerksamkeit ist wichtig. Geduld. Auffassungsgabe und Fantasie. Die Bewohner dieser kleinen Welten reagieren auf die Schlange, ebenso wie manche Gegenstände. Diese Interaktion wird lediglich durch simples Überfliegen ausgelöst. Mal schubst man Vasen um, mal bringt man kleine bunte Kreaturen an gewünschte Orte. Dabei weiß man selten, was man gerade tut. Man erforscht die Aufgabe ebenso wie die Umgebung. Man sucht nach Geheimnissen und Antworten, in der Hoffnung das Universum von Hohokum wenigstens ein wenig zu verstehen.


Jede Umgebung hat ein Thema. Im Laufe des Spieles erforsche ich Höhlen, bizarre Meerwelten, wohne einer Hochzeit bei oder schwebe durch einen unübersichtlichen Vergnügungspark, immer auf der Suche nach der Idee, die sich hinter dem jeweiligen Ort versteckt. Dabei erfreue ich mich an jeder Interaktion, an jeder Bewegung der witzigen Wesen und an jedem Schritt, der mich der Lösung näher bringt.

Warum springen die grünen Kerle auf meinen Rücken und lassen sich durch die Gegend tragen? Huch, einer von ihnen nimmt den Tannenzapfen, über den ich geflogen bin? Jetzt springt er über einer kleinen Plattform ab und entrollt einen Drachen aus dem Tannenzapfen, den er steigen lässt! Dann werden die anderen Wesen es ihm wohl gleich tun wollen!

Dieses von Aha!-Erlebnissen begleitete Erkunden macht den Reiz des Spieles aus und schloss mich für rund 8 Stunden in den pastellfarbigen Welten von Hohokum ein. Es gibt keine Feinde, es gibt kein Scheitern. Es gibt nur die Suche nach der Lösung und den anschließenden Erfolg. Dies macht Hohkum weniger zu einem Spiel, als zu einer Erfahrung. Es gibt keine wirkliche Handlung. Die kleinen Orte erzählen ihre eigenen kleinen
Geschichten und hat man jede davon für sich entdeckt, dann erkennt man, dass es lediglich einen lose zusammenhängenden Überbau gibt, der eine Rahmenhandlung andeutet, alles weitere aber offen lässt. Dies könnte man als den großen Schwachpunkt des Spieles verstehen, der für mich das Erlebnis an sich aber nicht trübte.


Dafür macht das Spiel andere Dinge auch einfach viel zu gut. Die Welten sind lebendig und fantasievoll. Sie wollen entdeckt werden und belohnen den Spieler mit vielen kleinen Geheimnissen und Reaktionen. Es gibt einige Überraschungen zu finden und zusätzliche, optionale Rätsel zu lösen, sofern man sich darauf einlassen möchte. Alles wirkt lebendig, bizarr und frisch, sodass man bei jeder Welt aufs neue die Neugier spürt sie zu verstehen.
Der geniale farbenfrohe und abwechslunsgreiche Stil des Spieles ist hierbei nahezu einzigartig und ließ mich immer wieder Staunen, wie viel Wirkung man mit wenigen Mitteln entfalten kann. Man muss schon selber durch die bunten Wälder, Städte und Fabriklandschaften fliegen, um wirklich zu verstehen was ich meine.

Begleitet wird das Spiel von einem der wohl besten Soundtracks, die ich in Spielen bisher hören durfte. Das Musiklabel Ghostly International steckt hinter diesen Meisterstücken und ließ seine Künstler traumhafte elektronische Soundkulissen kreiern, die mittlerweile allesamt den Weg auf meinen iPod gefunden haben. Namenhafte Künstler wie Tycho oder Com Truise haben hier ganze Arbeit geleistet und lassen ihre Klänge perfekt mit den andersartigen, knallbunten Umgebungen verschwimmen. Kopfhörerpflicht!



Es fällt mir wirklich schwer Hohokum angemessen zu charakterisieren und zu umschreiben. Es ist - wie schon erwähnt - kein Spiel im modernen Sinne und wäre es das, dann wäre es kein herausragend Gutes, vielleicht nicht mal ein mittelmäßiges, jedoch schafft es durch den Stil, die Musik, den Mangel an Erklärungen und das geschickte Legen von Erkundungsreizen einen Sog entstehen zu lassen, der ausschließlich positive Gefühle beim Spielen entstehen lässt und zumindest mich absolut gefangen nahm. Das Erkunden, das Entdecken und das Lösen bereitet einfach nur Freude, ebenso wie das Beobachten und Verstehen. Man kann sich zur Musik treiben lassen und einfach drauf los spielen und man wird Erfolge feiern, was in Zeiten von Tutorial-Fluten und Vercasualisierung ein ebenso merkwürdiges, wie befriedigendes Gefühl ist. Müsste man lediglich das Erlebnis und den Stil bewerten, so würde ich hier die absolute Höchstwertung zücken. Jedoch ist Hohokum letztendlich irgendwo immer noch ein Videospiel und ist auf lange Zeit ein wenig zu simpel und abwechslungsarm. Andererseits hat es auch nie den Anspruch erhoben eben dies zu sein, sodass ich Komplexität und Abwechslung kaum vermisst habe, zumal sich die Welten in ihren Aufgaben stark unterscheiden. 
Jedoch gibt es da auch noch den Punkt einer fehlenden Rahmenhandlung, welche letztendlich das Mysterium, welches dem Spiel zu Grunde liegt nicht auflöst, sondern Potentielles nur hauchfein andeutet. Vielen Spielern düfte das ein Dorn im Auge sein.
Aber letztendlich muss jeder selber wissen, wieviel Spiel und Geschichte er oder sie zum Glücklichsein benötigt. Ich bin da scheinbar schnell zufrieden, denn ich habe jede Sekunde des Spieles genossen und es mit Kindesaugen erkundet. Und das rechne ich Hohokum wirklich hoch an.

7/10

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