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Montag, 8. Dezember 2014

Gesichtet Kompakt: Oculus


"The Prodoucer of Paranormal Activity and Insidious presents" prangt groß auf dem Kinoplakat des ersten Kinowerks von Regisseur Mike Flanagan. Kennt ihr nicht? Kein Wunder, hat er doch zuvor nur unterdurchschnittlich den Direct-to-DVD-Markt beliefert. Warum sein Film rund um einen mordenden Spiegel ("Mirrors" lässt grüßen) doch sehenswert ist, fasse ich kurz einmal für euch zusammen.

Das Geschwisterpärchen Tim (Brenton Thwaites) und Kaylie Russell (Karen Gillan) haben im Kindesalter ihre Eltern verloren. Doch die Umstände waren nicht ganz alltäglich. Ihr Vater quälte ihre Mutter zu Tode und sperrte sie bis zu ihrem Dahinscheiden in ein Zimmer im ersten Stock. Als er seine Schwester angreift, erschießt Tim seinen Erzeuger und wandert für einige Jahre in eine psychatrische Anstalt. Von Außen wirkt der Fall wie eine Familientragödie, aber Kaylie weiß mehr: Die Tode ihrer Eltern haben etwas mit dem gruseligen alten Spiegel zu tun, der passenderweise im Arbeitszimmer des Vaters hing.
Viele Jahre später wird Tim aus der Anstalt entlassen und von Kaylie eingesammelt. Das Wiedersehen verläuft kurz und schmerzlos, denn Kaylie hat den Spiegel wiedergefunden und nun nur noch ein Ziel: Er muss zerstört werden!

Dazu hat sie den alten Trümmer in ihr ehemaliges Elternhaus gebracht und dieses so präpariert, dass es eine einzige große Falle für das dämonische Möbelstück darstellt. Überall sind Kameras aufgestellt, Indikatoren für dämonische Präsenzen wurden in jedem Zimmer verteilt, um einen möglichen Spuk anzuzeigen und zu guter letzt installierte sie noch einen Selbstzerstörungsmechanismus, welcher den Spiegel automatisch zerstört, sollten die Geschwister während des Projektes dahinscheiden.
Die Dokumentation des Geschehens im Haus ist Kaylie besonders wichtig, um Zweiflern zu beweisen, dass der Spiegel das Böse beinhaltet. Nicht zuletzt ihrem Bruder, welcher durch jahrelange Therapien nun die öffentlich verbreitete Version seiner Familiengeschichte glaubt und die Version mit dem bösen Möbelstück für lächerlich hält. Doch wie es das Schicksal will, soll er bald eines besseren belehrt werden.



Müsste man Oculus nach seiner ersten Hälfte beurteilen, so wäre der Film wahrscheinlich ziemlich abgestraft worden, denn hier bekommt der geneigte Zuschauer viel zu viel Altbekanntes und müde Präsentiertes vorgesetzt. Die Vorgeschichte, die weitestgehend eine Zusammensetzung aus Ideen anderer Filme (Mirros, Shining, Insidious) ist, langweilt nicht zuletzt wegen billiger Jumpscares der Marke "Ich lasse mal mit lautem Geräusch jemanden ins Bild laufen". An diesen Stellen merkt man deutlich die Herkunft des Regisseurs, welcher diese Momente nicht nur extrem vorhersehbar inszeniert, sondern auch eher mittelmäßig bis schlecht timed.

Der Film springt immer wieder zwischen zwei Zeitebenen hin und her und zeigt uns die beiden Geschwister in der Gegenwart, welche den Spuk ein für alle mal beenden wollen und die Familie kurz nach dem Einzug, als der Spiegel anfängt Einfluss auf den Vater zu nehmen, was letztendlich in der Tragödie mündet.
Anfangs sind diese Zeitsprünge noch sehr klar voneinander getrennt, doch gerade in der zeiten Hälfte des Filmes verschwimmen immer öfter die Ebenen miteinander, was den Film deutlich aufwertet und einige nette Spielereien ermöglicht.
Mike Flanagan nimmt sich hier viel Zeit um die Hintergründe zu erklären und Charaktere einzuführen, sowie die Konflikte untereinander deutlich zu machen. Gerade in diesen Phasen wirken die oben schon erwähnten Jumpscares sehr deplatziert; fast schon so, als wurden sie nachträglich noch in das Drehbuch eingefügt. Doch das hatte der Film gar nicht nötig, denn gerade dieser ruhige Aufbau hätte der zweiten Hälfte, in der es dann darum geht sich dem Spiegel zu entledigen, während der sich mit aller Kraft wehrt gut getan.

So kämpft Oculus bis zur Filmmitte mit dem Abschalten, nur um dann plötzlich eine Kehrtwende zu machen und mit einigen tollen Szenen und Verwirrspielen zu glänzen und die Story passend zu inszenierten und mit einem Knall abzuschließen. Die Halluzinationen, mit denen das Möbelstück sich wehrt bringen die Teenager an den Rand der Verzweiflung und sind definitiv das grausige Highlight des Filmes (richtig fies, Stichwort: Glühbirne), welcher mit Blut sehr sparsam umgeht, dafür aber mit deformierten Fratzen nicht geizt, welche hin und wieder zwar leicht billig animiert aussehen, ihre Wirkung aber nicht verfehlen.


So rettet Hälfte Nummer zwei den Film aus der Mittelmäßigkeit und kann mit Tempo und Twists einige anerkennbare Akzente setzen. Die Schauspieler Thwaites und Gillan, welche den Film zu großen Teilen alleine tragen müssen, liefern einen guten Job ab. Gerade Gillan ist in ihren obsessiven Momenten wirklich großartig.
Was man dem Film noch ankreiden könnte ist, dass er gut 10 Minuten zu lang ist. Hin und wieder bemerkt man Längen in der Inszenierung und die ein oder andere Szene wirkt deplaziert, was dann doch zu kleinen aber bemerkbaren Abzügen in der Spannungskurve führt.

Oculus ist mal wieder kein ganz großer Wurf im Gruselkino und gerade die erste Hälfte wird viele Genre-Fans enttäuschen und langweilen. Doch am Ball bleiben lohnt sich, denn letztendlich wird man mit einigen tollen Einfällen und Szenen belohnt. Der Film ist weder kreativ, noch wirklich gruselig (zumindest wenn man mit dem Genre vertraut ist), schafft es aber durch interessante Momente und die ein oder andere fiese Stelle die Aufmerksamkeit des Betrachters bis zum Schluss für sich zu gewinnen. DEN einen großen Horrorfilm wird es 2014 wohl nicht mehr geben, und wer Hunger hat sollte es ruhig mal mit Oculus versuchen.

6/10


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