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Donnerstag, 18. September 2014

Gesichtet: Sin City - A Dame To Kill For


Wer hätte gedacht, dass wir den zweiten Teil von Sin City jemals erblicken werden? Sieben lange Jahre hat das Duo Rodriguez und Miller gebraucht, um die Fortsetzung des damaligen Noir-Hits in die Kinosäle zu bringen. Eine von Problemen geplagte Entstehungsgeschichte darf doch mit einem Happy End abgehakt werden. Die Fans freut es, doch die amerikanische Presse reagierte verhalten und der Film spielte nach Start nicht die gehofften Summen ein. Seit heute dürfen auch deutsche Sin City-Fans einen weiteren Trip in die sündige Metropole unternehmen, um herauszufinden, ob das warten sich auch gelohnt hat.

Machen wir es kurz und schmerzlos: Wer sich Sin City im Kino anguckt, den erwartet mehr vom selben. Wieder einmal ist der Film episodenhaft erzählt und fügt sich erst gegen Ende zu einem logisch zusammenhängenden Konstrukt zusammen, welches auch Handlungsstränge aus dem ersten Teil aufnimmt und zu einem befriedigenden Ende führt. Bei unserem zweiten Besuch in der sündigen Stadt treffen wir auf viele Bekannte aus dem Vorgänger, sowie neue Figuren, die uns in der für den Film typischen Erzählweise, die fast gänzlich aus Monologen besteht, ihre Leidenswege schildern. Denn eins hat sich in Basin City schonmal nicht geändert: Jeder schleppt sein persönliches Laster mit sich herum. Niemand ist unschuldig.

Um die einzelnen Geschichten und das spätere Verweben dieser nicht großartig vorweg zu nehmen (denn aus diesen ergeben sich letztendlich die Plottwists und Überraschungen), werde ich die Episoden nur kurz anschneiden:

Zum einen haben wir da den glattgeleckten Schlönling Johnny (Joseph Gordon-Levitt), der das Glück für sich gepachtet hat wie kein anderer und dieses hemmungslos für diverse Glücksspiele ausnutzt, um jede Nacht aufs Neue das große Geld zu scheffeln. Doch an diesem Abend soll er an die falschen Spielgefährten geraten.
Desweiteren begleiten wir Dwight McCarthy (Josh Brolin), der sich als Paparazzo verdingt und von seiner Vergangenheit geplagt wird, in der die Liebe seines Lebens Ava Lord (Eva Green) seinen Lebensmittelpunkt bildete. Doch das ist Vergangenheit, denn sie heiratete einen anderen Mann und überließ Dwight dem Alkohol und seiner Einsamkeit. Doch ausgerechnet an diesem schicksalhaften Abend sucht sie ihn wieder auf, um um Vergebung zu bitten.
Und dann hätten wir da noch zu guter Letzt Nancy Callahan (Jessica Alba), die immer noch als Akteurin in einer Tabledance-Bar arbeitet und von Rachegelüsten und Schuldgefühlen geplagt wird, nachdem im ersten Film ihr Geliebter John Hartigan (Bruce Willis) von dem Senator der Stadt (Powers Booth) ermordet wurde.
Seitdem trainiert sie jeden Tag den Umgang mit ihrem Revolver, um sich eines Tages zu rächen. Und die heutige Nacht scheint perfekt.


Allein im vorangegangen Absatz findet sich ein Cast zusammen, von dem viele Regisseure nur träumen können, doch wie das für Robert Rodriguez typisch ist, ist auch Sin City - A Dame To Kill For hochkarätig bis in die Nebenrollen besetzt. Neben Wiederkehrern wie Marv (Mickey Rourke), Gail (Rosario Dawson) oder Miho (Jamie Chung) finden sich auch Neuzugänge wie Ray Liotta oder Dennis Haysbert ein und sogar Lady Gaga bekommt ihren kleinen, sympathischen Auftritt.
Es ist eine wahre Freude all diesen Größen beim Schauspielern zuzusehen, denn wie schon im ersten Teil sieht man allen den Spaß am Projekt an und niemand gibt hier eine halbgare Leistung ab. Die Besetzung überzeugt bis in die kleinste Nebenrolle. Schon allein deshalb ist ein Kinobesuch gerechtfertigt.

Desweiteren steckt auch im Rest des Filmes noch viel Sin City drin. Das fängt beim Stil an, der immer noch in schwarz-weiß gehalten ist und nur vereinzelte Elemente durch Farbe in den Fokus rückt. Auch nach sieben Jahren wirkt das immer noch frisch, da es in der Zwischenzeit nichts Vergleichbares gab. Es ist ein zeitloser, sehr ästhetischer Stil, selbst wenn die roten Blutfontänen die Leinwand überfluten. Man könnte sich jeden Frame des Filmes eingerahmt an die Wand hängen und es wäre ein stylischer Blickfang. Dies hat auch viel mit der Kamera zu tun, die das Geschehen immer fest im Blick hat und immer ruhig auf den Szenen liegt. Selbst die Kampfszenen sind immer mit klarer Perspektive gefilmt und überraschen hier und da lediglich durch kreative Winkel und Aufnahmen.
Die Erzählweise ist - wie schon erwähnt - die gewohnt Monolog-Form aus dem Off. Der handelnde Charakter erzählt dem Zuschauer die Geschichte, gibt Einblicke in Vergangenheit und Gefühlswelt. Dies unterstreicht den Noir-Stil des Filmes und macht ihn zu einem Fest für Leute, die gerne mit Filmzitaten um sich schmeißen. Wie im Erstling werden sie auch hier wieder problemlos fündig werden.
Im Allgemeinen gibt es sowohl vom Text, als auch von der Handlung her wieder viele Szenen, die mir nachhaltig im Gedächtnis bleiben werden und das Prädikat "besonders" mehr als verdienen, ebenso wie der mal wieder melodramatisch ausfallende Soundtrack. Das Problem des Filmes ist also nicht die Inszenierung und definitiv auch keine Identitätslosigkeit, sondern es ist das Erbe, das er antreten muss gepaart mit einer Geschichte, die letztendlich nichts Besonderes zu erzählen weiß.



Ja, es ist schon ein wenig schade. Da arbeiten Miller und Rodriguez sieben Jahre an diesem Film, von denen die meiste Zeit wohl das Drehbuch geschluckt haben dürfte und dann enttäuscht die Handlung die zugegebenermaßen etwas höher angesetzten Erwartungen. Nicht falsch verstehen: Während des Filmes machr die Geschichte durchaus Spaß und vieles richtig, aber die Wow-Momente bleiben dann - wenn man das Inszenatorische beiseite lässt - doch aus. Szenen wie Bruce Willis Tod, Elijah Woods Geheimnis gebunden mit seinem Ableben oder Marvs blutiger Kreuzzug, die den ersten Teil zu einem Hochgenuss auf Handlungsbasis gemacht haben, suchen hier vergeblich ihresgleichen. Die Handlungsstränge aus Sin City, die hier aufgegriffen werden werden zu einem Ende geführt, mit dem garantiert jeder Fan gut leben kann, das Problem ist der Weg dahin, der einfach zu wenig Überraschungen bietet und stellenweise sicherlich sogar eine Spur vorhersehbar erscheint. Auf der Handlungsebene knallt es zu selten, auf der Inszenatorischen hingegen laut und häufig. Stellenweise wirkt der Film wie Fanservice, den man den Anhängern unbedingt vorsetzen wollt, auch wenn man lange Zeit nicht wusste wie und nun mit einer Notlösung die Kinosäle entert.
Das klingt alles dramatischer, als es ist. Während des Filmes hat man Spaß. Erst wenn der Abspann über die Leinwand rollt, bemerkt man, dass irgendwo klammheimlich die Enttäuschung auf höherem Niveau sitzt und der Hunger nicht ganz so befriedigt wurde wie damals, als der erste Teil sich dem Ende hin neigte.

Dies mag sicherlich den ein oder anderen Fan mehr enttäuschen als mich, doch selbst wenn der Film auf persönlicher Ebene völlig versagen sollte, muss man den Hauptdarstellern einfach Tribut zollen. Eva Green als Femme Fatale ist einfach unwiderstehlich gut. Und das, obwohl ich sie definitiv zuvor nicht in dieser Rolle gesehen habe, da sie - und da werde ich höchstwahrscheinlich Kontra kriegen - mich optisch nicht wirklich anspricht. Aber was sie durch Blicke und Bewegungen an Ausstrahlung aus sich herausholt wirkt definitiv elektrisierend und bannt den Blick nach vorne. Und das schafft sie auch in den wenigen Szenen, in denen sie sich nicht splitterfasernackt durch Betten und Whirlpools räkelt. Ihr Zusammenspiel mit Ex-Lover Josh Brolin ist einfach zum Zunge schnalzen nicht zuletzt, weil auch Brolin Herausragendes leistet und den wütenden, mit sich selbst ringenden Ex-Kriminellen perfekt miemt.
Und das sind nur zwei der brillierenden Rollen. Auf weitere möchte ich jetzt nicht eingehen, denn das würde den Rahmen sprengen, aber besonders geachtet sollte noch auf Rourke, Alba und Liotta werden. Großes Kino!

Und natürlich bleibt Sin City auch seinen anderen Trademarks treu: Gewalt, Alkohol, nackte Haut. Es gibt kaum eine Szene in der nicht mindestens eines dieser Elemente im visuellen Fokus liegt. Gerne werden sie sogar alle zusammen kombiniert. Aber genau das macht auch die Härte, die Dunkelheit und die Hoffnungslosigkeit der Stadt aus und schlägt sich auf die Atmosphäre nieder, die die Fans so sehr an ihr schätzen. Zartbesaitete Naturen werden hier wohl wieder Grenzerlebnisse haben und Feministinnen sollten um den Film sowieso einmal mehr einen gewaltigen Bogen machen, um der Schnappatmung vorzubeugen.
Auch der zweite Film atmet den Geist von Frank Miller wieder mit allen Poren und das bedeutet nunmal scharzen Humor, Gewaltexzesse und den Mangel von Kleidungsstücken gepaart mit überdurchschnittlichem Alkoholkonsum, abenteuerlichen Geschehnissen jenseits des Realismus und nicht zuletzt: ein gewisses Schubladendenken, was das weibliche Geschlecht anbelangt, auch wenn hier diesmal die Damen Alba und Green eindeutig die Hosen anhaben und Gegenentwürfe bilden. 


A Dame To Kill For ist letztendlich eine Fortsetzung die durchaus Berechtigungsdasein hat, auch wenn sie dem Vorgänger ganz klar unterliegt. Am Stil jedoch kann man sich nicht satt sehen und auch das 3D, welches man beim Kinogang wählen kann lohnt sich durchaus, denn so bekommt der Look noch ein paar comicbuch-artige Papierebenen, die zusammen mit einer angenehmen Tiefe in den Bildern durchaus einige Szenen bereichert. Für eine absolute Empfehlung ist der Film jedoch zu ruhig, sodass man die Dreidimensionalität eher als subtile Ergänzung, anstatt eines dynamischen Erlebnisses beschreiben muss.
Klar ist: Dieser Film wurde für Fans gemacht. Wer den Erstling nicht gesehen hat, der braucht sich gar nicht ins Kino zu bewegen, denn so bleiben viele Handlungsebenen verschlossen. Kenner und Genießer werden jedoch - wie ich - ihren Spaß haben, auch wenn die endgültige Befriedigung wohl für die allermeisten ausbleiben wird. Was im Gedächtnis bleibt sind hingegen tolle Bilder, Szenen, Zitate und Akteure und da hat der Nachfolger schonmal den Großteil der Dinge, die Sin City ausmachen auf der "Haben"-Seite.

7/10

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